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        Zukunft der Mundarttage ungewiss  (Mai 2021) 
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      Seit 2005 fanden im Vogtland im zweijährigen Rhythmus Mundarttage statt.  
              In diesem Jahr fielen sie erstmals aus. Wie soll es weitergehen?   
              Am letzten April-Wochenende sollte das Freilichtmuseum im Erlbacher Ortsteil Eubabrunn wieder Treffpunkt für die
              Vogtländischen Mundarttage sein. Kommen wollten Autoren aus dem Vogtland, dem Erzgebirge, Bayern und Thüringen.
              Aber auch diese Veranstaltung fiel der Coronapandemie zum Opfer. 
  
              »Ob wir die Mundarttage überhaupt in der bisherigen Form weiterführen können, ist noch offen«, sagt Doris Wildgrube
              aus Arnoldsgrün, die Vorsitzende des Mundartkreises. Sie bildete seit der Premiere 2005 gemeinsam mit Ina Skerswetat
              vom Eubabrunner Museum das Organisationsteam.
  
              Die Mundarttage in Eubabrunn waren mehr als ein Treffen von Autoren, die sich gegenseitig lustige Geschichte
              vorlasen. Davon berichten die Tagungsbände, die unter dem Titel »ne Leit'n auf's Maul geschaut« erschienen.
              Besonders am Herzen lagen dabei den Organisatoren Lesungen von Autoren an den Schulen. So stand die Veranstaltung
              2017 unter dem Motto »Hat die Jugend noch Bock auf Mundart?«, was übrigens bejaht werden konnte.
  
              2009 veranstalteten Mundartkreis und »Freie Presse« erstmals einen Schreibwettbewerb, an dem sich 27 Autoren mit
              mehr als 60 Arbeiten beteiligten. Die Siegerpreise gingen an Regina Möller aus Reichenbach und Ferry Böhme aus
              Bad Elster, den die beruflichen Wege nach Oberbayern geführt haben. 
              In Vorbereitung auf die Vogtländischen Mundarttage 2017 und die Krimi-Literaturtage im Vogtland veranstalten der
              Arbeitskreis der Mundart-Autoren und der Förderverein Schloss Netzschkau gemeinsam mit der »Freie Presse« einen
              Schreibwettbewerb für Mundart-Krimis. Den Siegerpreis teilten sich dabei Beate Werner aus Reichenbach und Friedemann
              Schubert aus Neumark; Platz drei ging an Martina Dressel aus Grünbach. 
              Zum Programm der Mundarttage gehörte ein Vortrag von Evelyn Koch vom Institut für Germanistik der TU Dresden, die
              über ein Forschungsvorhaben auch Masterarbeiten zum Thema Mundart vergeben durfte. Professor Hans-Georg Meyer
              aus Jena sprach über die legendäre Gläsel-Chronik aus Markneukirchen. Ludwig Schließel aus Oberviechtach (Bayern)
              informierte über Aspekte einer modernen Sprachpflege, und Albin Buchholz aus Plauen nahm die Dreher und Schleifer
              in der vogtländischen Volksmusik zum Thema, um nur einige der zahlreichen Referenten zu nennen. 
              »Die Coronapandemie hat inzwischen auch die Mundartautoren verstummen lassen. Im aktuellen Angebot haben wir keinen
              Mundarttitel«, sagt Verleger Frieder Seidel aus Hammerbrücke. Sein Verlag Concepcion Seidel hat sich in den
              vergangenen Jahren auch mit Büchern in vogtländischer Mundart einen Namen gemacht. Ein Erfolgstitel war dabei
              »Sue Ploch« von Sieglinde Röhn aus Zobes. Von dem Buch mit Geschichten aus dem Dorfleben der 1940er Jahre wurden
              weit mehr als 2000 Exemplare verkauft. Über 1000-mal verkaufte sich auch »Is neie Handy« von Martina Dressel aus
              Grünbach, von der mit »Hunnert Tipps for alte Leit« ein weiterer regionaler Bestseller stammt. 
              2023 jährt sich zum 150. Mal der Geburtstag von Max Schmerler (1873-1960), einem der namhaftesten Mundartautoren
              im Vogtland und in Sachsen. Zu ihm ist eine Biografie geplant. Auf der Internetseite der Vogtländischen
              Literaturgesellschaft »Julius Mosen« wird derzeit erstmals als Vorabdruck ein Auszug aus dem Manuskript vorgestellt.
              
  Doris Wildgrube hofft, als nächstes Vorhaben gemeinsam mit dem Freilichtmuseum Eubabrunn und der Natur- und
              Landschaftsführerin Marina Gerstner die bereits im September 2020 geplant gewesene Wanderung unter dem Motto
              »Im Mundart-Schritt um Erlbach« bald nachholen zu können. Die Mundart-Wanderung hatte im September 2018 ihre erfolgreiche Premiere.
                       (von Thorald Meisel)
 
   
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        »Der Geschichtenschreiber vom Aschberg«  (Mai 2021)
       
  Zum 100. Geburtstag von Ernst Braun - 1921 bis 2006 
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      Die Biografie von Ernst Braun ist schon allein für sich ein Geschichtsbuch.    
       Im böhmischen Aschbergdorf Schwaderbach wurde er am 26. April 1921 geboren. Nach dem Besuch der Graslitzer Bürgerschule
       zunächst arbeitslos, kam er für kurze Zeit in einem Klingenthaler Akkordeonbetrieb unter und lernte dann in
       Schwaderbach Metallblasinstrumentenmacher. Kurz vor dem Kriegsdienst war er bei der Reichsbahn auf dem Bahnhof Zwotental beschäftigt. 
       Als Braun 1950 nach fünf Jahren in sowjetischer Kriegsgefangenschaft frei kam, war der Weg nach Schwaderbach versperrt.
       Die Eltern fand er nach der Vertreibung in Niederbayern wieder. In Aschaffenburg baute sich Ernst Braun eine neue
       Existenz auf, schulte auf Stickerei um und arbeitete bis zur Rente bei der ursprünglich aus Plauen stammenden Firma
       Paul Gunold. Nebenher war er Schriftsteller. 
       »Ich habe schon als Kind Bücher regelrecht verschlungen«, erzählte er bei einem seiner Besuche in der alten Heimat.
       Schon in jungen Jahren brachte er eigene Gedanken zu Papier. »Das meiste ging bei der Vertreibung der Eltern verloren.«
       In Aschaffenburg begann er aufs Neue und legte 1966 den Erzählungsband »Der Salzgraf« vor. Das dünne Büchlein mit seinen
       50 Seiten ist längst vergriffen, ebenso der 1986 erschienene historische Schwaderbach-Roman »Ein Dorf in Böhmen«.
       Die chronikartige Arbeit »Schwaderbach, Heimat an der böhmisch-sächsischen Grenze«, erschienen 1976, erlebte 1993
       eine Nachauflage. 
       14 Bücher hat Ernst Braun geschrieben. Beim letzten - »Vom Himmel hoch - Weihnachtsgeschichten und -gedichte« - war er 84
       Jahre alt. »Meine Heimat am Aschberg, das war für mich ein Landstrich, wo meiner Seele Flügel gewachsen sind«, betonte er.
       Meist waren es Themen aus dem Aschberggebiet, die er literarisch verarbeitete. Ernst Braun gehört zu jener Vorkriegs-Generation,
       die am Aschberg das Hinüber und Herüber an der Grenze noch selbst erlebte. »In Die Buchnerin - Eine Weihnachtserzählung«,
       setzte er einer Witwe mit fünf Kindern ein literarisches Denkmal. Die Buchnerin stimmt in ihrem kleinen Haus auf der
       böhmischen Seite des Aschberges in Heimarbeit Platten für einen Klingenthaler Harmonikabetrieb. Das war viele Jahre Alltag -
       ebenso wie die Pascherei. Auch darüber wusste Ernst Braun zu erzählen. 
       Er hatte noch mehr Themen: In »Der verlorene Haufe« (1986) schrieb er sich die Kriegserlebnisse im Winter 1941/42 vor Moskau
       von der Seele. 2003 folgte mit »Porzellangesicht« die Geschichte einer jungen Frau und eines deutschen Soldaten, die sich im
       Herbst 1942 im besetzten Krakau kennen und lieben lernen. Ernst Braun schrieb auch über seine Erlebnisse in der
       Kriegsgefangenschaft - und den Weg dorthin. 
       »Ob ich mir was einbilde, weil ich ein paar Bücher geschrieben habe, könnte ich jederzeit ein wenig boshaft gefragt werden.
       Darauf kann ich nur ehrlich und einfach ‚Nein' sagen. Aber ein bisschen tröstlich ist es schon, wenn man daran denkt,
       dass einem ein paar Bücher überleben werden. Etwas getan zu haben, das über den Tod hinaus Bestand hat, erfüllt mich mit
       Freude«, antwortet er im Epilog des Buches »Schau heimwärts« (1991) auf, wie er es nannte »ungestellte Fragen«.
       Er schloss mit den Worten: »Was ein Dichter ist, einer, der aus nichts fast alles machen kann, auf schriftstellerischem
       Gebiet natürlich, so einer bin ich nicht und werde es auch nicht mehr. Was ich bin, das weiß ich. Wie mich andere
       Leute einstufen, das muss ich denen überlassen.« 
       Ernst Braun starb 2006, wenige Wochen nach seinem 85. Geburtstag.
         (von Thorald Meisel)
 
   
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        Volker Müller, Herausgeber und Autor von »OKTOBERMUSIK  Herbst auf Hiddensee« (Engelsdorfer Verlag Leipzig, 2021)  
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      Der Band enthält auf 156 Seiten Gedichte, Erzählungen, Tagebuchaufzeichnungen von Hannelore Weiß und Volker Müller
           sowie 39 Gemälde und Grafiken von Günter Weiß (1940-2014, ehemaliger Fachlehrer für Maler an einer Berufsschule in
           Oelsnitz /V. und freischaffender Künstler). Das Buch ist geschrieben von Freunden der Insel Hiddensee für deren
           Freunde und für Liebhaber der Natur - der anregenden Stille in Abgeschiedenheit oder des scheinbar ungezügelten
           Wirkens natürlicher Kräfte.
            Auf einführende inhaltlich-thematische Streiflichter sei hier verzichtet, nicht aber auf den vollen Wortlaut
           eines Gedichtes. Denn in »Quartiergedanken« schimmert im Licht auf menschliches Dasein manch Dunkles unserer Tage:
             »Es ist schön, sich des Morgens ohne Vorbehalt Himmel und Heide hinzugeben  
           Es ist auch schön, einen Plan zu haben, zu wissen, was der Reihe nach zu tun oder zu unternehmen wäre  
           Wenigstens so gut ist es, den Tag hier mit einem Spruch aus dem Buch der Bücher zu beginnen  
           Doch die Sonne scheint auch auf den, der Mühe hat, überhaupt zu sich zu kommen.« (S. 17) (von Dr. Frieder Spitzner)
    
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        »Gutgemeinte Nadelstiche«  (Dezember 2020)
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      Volker Müller, Vogtländischer Literaturpreis 2018, veröffentlichte im Engelsdorfer Verlag Leipzig Ende 2020
       »Gedichte & Dialoge« unter dem Titel »Gutgemeinte Nadelstiche«.    
       Volker Müllers Nadelstiche verletzen nicht. Sie verursachen, wie Impfpikse von zarter Hand, keinen anhaltenden Schmerz.
       Aber dennoch, der feinsinnige Lesestoff, infiltriert in die Windungen der Gedankenbahnen, wirkt. Er regt an.
       Er inspiriert zur Suche nach einem Leitfaden vom unwiederbringlich Vergangenen über das Jetzt u»nd Hier in eine
       erträgliche Folgezeit. Dabei verästeln sich die lyrischen Stimulanzien im Gedächtnisspeicher, erhellen das Auf und Ab
       des individuellen Lebensweges, der nicht unerheblich geprägt ist vom Heranwachsen, Ausufern und schließlich wieder
       Untertauchen gesellschaftlicher Formationen. 
      Der Dichter gesteht: »... Bin ja auch nicht mehr der Jüngste / hab weder Lust noch Zeit, / was mir auf der Seele brennt,
      schön der Reihe nach / in fein gedrechselte Verse / zu packen  / Bin ein anderer geworden / in einer anderen Welt«  (S. 35)  
      Und er ergänzt: »Es muss nicht immer ein langes Gedicht sein / mit einem guten Dutzend Strophen / Zwei, drei schlanke,
      schüchterne Zeile»n tun`s auch, / die sich einfach nur krallen, was sonst auf Nimmerwiedersehen davonfliegt ...« (S. 39)
      Innerer Zwiespalt tut sich auf: »Was schreibst du / Ein Gedicht über den Krieg / Schreib doch lieber was Schönes, Lustiges,
      /Frivoles meinetwegen auch, / sagt die Vernunft ...« (S. 44)  
      Und Zweifel nagt: »... Hat es da Sinn oder ist es überhaupt statthaft, / Bücher zu schreiben, / wenn einer am Ende der Welt
      zu Hause ist? / Eine seltsame Frage« (S. 48)  Keine Antwort, aber ein hilfreicher »Wink«: »Zeitungsschreiber, Politiker,
      Militär, / überleg` dir hinfort gut, was du sagst und tust / Oft ist`s nur ein kleiner Schritt / weg von Wahrheit, Augenschein,
      Verstand, / vom Rechten, Billigen, Barmherzigen / und du stehst für immer im Sold / bei den großen Verderbern der Menschheit.« (S. 66) 
      Und ein Warnruf: »Die Redner für den Frieden / sind müde geworden / Und es werden mit jedem Tag weniger /  Und um ihre
      Sache steht es schlecht.« (S. 94) 
      In den Dialogen - unter dem Titel »Aus weiteren Gesprächen mit Herrn Sommer« den Gedichten beigefügt - lässt Volker Müller
      u.a. auch durchblicken, in welcher Zwickmühle Bücherschreiber stecken (können). Ein Verlag, so ist einem fiktiven
      Gespräch zu entnehmen, ließ einen Autor wissen: »... das Manuskript, das er eingesandt habe, sei gedankentief, anspruchsvoll,
      originell, wohldurchdacht und auch schön geschrieben. Gratulation. Leider verkaufen sich aber dergleichen Bücher nur,
      wenn sie von Berühmtheiten stammen. Deshalb, sorry, könne man nicht miteinander ins Geschäft kommen.« (S. 98) 
      Vom Geschäftsgebaren unbeeinflusst und ohne Prominentenbonus zu gewähren, lenken wir die Aufmerksamkeit wohlwollend auf
      geistiges Wirken im regionalen Ambiente.  (von Dr. Frieder Spitzner)
 
   
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        Neue Publikation von Jörg M. Pönnighaus:  
       »Schatten der Zeit oder Geschichten von kleinen Leuten im Vogtland«   (November 2020)
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        Schatten der Vergangenheit verblassen langsam, wirken nach bis in die Gegenwart. 
       Zum Unvergesslichen im Menschenleben zählen dunkle Kapitel. Sie haften in der Erinnerung, und sie kehren wieder in Alpträumen ein
       Leben lang. Der Hautarzt und Autor Dr. med. Jörg Pönnighaus befragte Patienten während chirurgischer
       Behandlungen nach Herkunft, beruflichem Werdegang, Familie, Lebenserwartung und veröffentlichte deren
       Erinnerungen im vorliegenden Buch.  Von den 25 von ihm medizinisch Betreuten, darunter sechs Frauen,
       waren während der Krankenhausaufenthalte um 2010 nur zwei berufstätig, aber 16 über 80 Jahre alt. Und die
       haben Hitlerdeutschland und den Zweiten Weltkrieg überstanden, mussten sich in der DDR über Wasser halten und sich
       im wiedervereinten Deutschland zurechtfinden.
       »Groß« geworden sind fast alle unter DDR-Bedingungen. Sie arbeiteten in der Textil- oder Elektroindustrie, in der
       Landwirtschaft oder Gastronomie, als Arzt, Lehrer, Polizist oder in der Justiz, teilweise in leitender Stellung.
       Ihr Leben im Alter ist geprägt vom mehr oder weniger intakten familiären Umfeld, auch von gesundheitlichen Einschränkungen.
       Nicht alle sind geborene Vogtländer. Einige stammen aus Schlesien, Pommern, dem Sudetenland, Prag oder Siebenbürgen,
       kamen in den Kriegs- oder Nachkriegswirren ins Vogtland und blieben in dieser nicht allenthalben bevorzugten deutschen Region. 
       In  folgenden ausgewählten Zitaten geht es um Glück im Unglück. 
       Nicht alle befragten Patienten nehmen ihr hohes Alter als Lebensglück wahr. Aber eine Frau, Jahrgang 1921, äußerte sich so:
       »Na ja, man möchte ja doch noch ein paar Jahre leben. Auch in meinem Alter. Leben ist ja doch einfach schön.« (S. 51) br>
       Der Autor wurde gefragt: »Bei Ihnen ist wohl alles glatt gelaufen im Leben?«  Die Antwort: »Nein, aber fast jedes Unglück
       erwies sich später als Glück, denke ich.« (S. 32)   
       Die Wendung »Glück gehabt« ist wohl treffend für einen Rückblick auf ein langes Leben. Wer als Soldat jahrelang an der
       Front war oder wer Stalingrad entkommen konnte und Gefangenschaft überlebt hat, kann von Glück sprechen. Das trifft auch
       für Überlebende zu, die vom Endsieg überzeugt waren: »Bis zum Schluss, bis der Krieg zu Ende war. Wir waren doch so
       erzogen! Wir haben bis zuletzt an die Wunderwaffen von Goebbels geglaubt.« (S. 111) Andere sahen das Unheil kommen:
       »Als Stalingrad eingekesselt war und dann die ganze 6. Armee verloren ging, da habe ich nicht mehr an einen Sieg
       glauben können.« (S. 68)  Das Desaster erfasste auch die Heimat und war abschreckend: »Ich erinnere mich an die
       Bombardierung Dresdens und gewiss an die Bombardierung von Plauen im April 45. Ich weiß noch, wie damals die Asche bis
       nach Falkenstein geweht wurde. Tagelang. Und da habe ich gedacht, das kann`s nicht sein, das darf nie wieder sein,
       so ein Krieg.« (S. 71)  
       Ein Fazit: »Viele waren im Krieg geblieben, andere, die heil zurück gekommen waren, waren für die Wismut abgeholt
       worden. Sehen Sie, wenn ich auf mein Konfirmandenbild schaue, dann ist da nur noch einer außer mir, der noch lebt.
       Von zwanzig.« (S.114) »Ganze Jahrgänge sind ja einfach ausgelöscht worden.« (S. 120) »Man brauchte halt viel Glück,
       um zu überleben.« (S. 157) Und mitunter uneigennützige Hilfe: »Das hat irgendwie gut getan, wenn einem Menschen geholfen
       haben. Einfach nur so.« (S. 156)  
       (von Dr. Frieder Spitzner)
   
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        Neue Publikation von Prof. Bernhardt   (Oktober 2020)
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        Rüdiger Bernhardt veröffentlichte eine Auswahl seiner Abhandlungen der Jahre  2000 bis 2020 unter dem Titel
          »Essay & Kritik  Literatur im Osten Deutschlands nach 2000«  (Edition Freiberg, Dresden). 
       Prof. Bernhardts Buch erschien wenige Tage vor seinem 80. Geburtstag. Auf diese Zahl legt er keinen Wert, dennoch
          sei sie erwähnt. Denn Inhalt und Umfang eines solchen Werkes wären ohne jahrzehntelanges Leben mit und von der
          Literatur nicht möglich. Was auf 435 Seiten wiedergegeben wird, zeugt von des Autors erstaunlicher Belesenheit,
          von akribischer Verarbeitung eines enormen Lektürekanons.  
          Was 1960 mit dem Studium der Germanistik, Kunstgeschichte, Theaterwissenschaft und Nordistik begonnen hatte,
          mündete in vielfältige Lehr-, wissenschaftliche und Leitungstätigkeiten eines Universitätsprofessors, der sich als
          Literaturwissenschaftler auch in der Bewegung Schreibender Arbeiter literaturfördernd engagierte und der zwischen
          dem 60. und 80. Lebensjahr das Verzeichnis seiner Publikationen bedeutend erweitern konnte.  
          Über sechs Jahrzehnte widmete er sich mit Leidenschaft der Literatur, las, analysierte, interpretierte, kritisierte -
          und: bewahrt solcherart Erarbeitetes im Gedächtnis oder als griffbereiten Literaturfundus in gut verwalteten Ablagen,
          nutzt es für Vorträge und publizistische Tätigkeiten.
  
          Das vorliegende Werk enthält kritische Abhandlungen über Dichter, Dichtung und Literaturkritik, die Bernhardt zwischen
          2000 und 2020 geschrieben und bis auf wenige Ausnahmen veröffentlicht hat.  
          »Es sind durchweg Arbeiten zur deutschen Gegenwartsliteratur, bevorzugt zu der der DDR und der sich nach 1989
          anschließenden Entwicklung … wobei die Auswahl jene Dichter und Schriftsteller berücksichtigt, deren Zeitgenosse ich
          sein und die ich selbst kennenlernen durfte.« (S.425)  
          Einige von ihnen, die der dunklen Nazizeit und den todbringenden Kriegsjahren entronnen waren, sahen im
          gesellschaftlichen Erneuerungsprozess in Ostdeutschland einen Lichtstrahl, folgten ihm und wollten ihn verstärken.
          Aber manche Lichtquelle verlor in schwieriger politischer und wirtschaftlicher Gemengelage der Nachkriegsjahrzehnte
          ihre Strahlkraft. Enttäuschungen blieben nicht aus. Die Suche nach Auswegen fiel unterschiedlich aus. Dutzende von
          Dichterbiografien in Bernhardts Buch zeugen von Bemühungen literarisch Begabter um kritisch-kreative Mitgestaltung.
          Als Beispiel sei Peter Hacks genannt. 1928 in Breslau geboren, führte ihn sein Weg nach Deutschland-West, dann nach
          Deutschland-Ost. »Seine Gedankenketten sind verblüffend, fordern stets den Widerspruch ... heraus, provozieren ...«.   
          »Indem er mit seinen Thesen zum Widerspruch reizt, befördert er Denkarbeit und macht sie durch sprachliche Präzision
          zu Erlebnis und Genuss« (S. 179). Hinzugefügt sei Sinngleiches, entnommen dem Beitrag über Ulrich Plenzdorf:
          »Die Gesellschaft ´müsste sich Zeit nehmen für Leute, die nicht zu allem Ja und Amen sagen, die aber vielleicht
          die Produktiveren sind, die mit Widersprüchen leben, Fragen stellen.`«" (S. 201). 
          Bernhardt bezeichnet in einer Abhandlung über Bernd Schirmer die DDR als ein Land, »in dem es Wünsche gab, die schwer
          erfüllt werden konnten, Ideale, denen man nachstrebte, und in dem auch unterschiedliche Lebensanschauungen nebeneinander
          bestanden, manchmal im Widerstreit, manchmal in Übereinstimmung ...« (S. 215) 
          Und in der Betrachtung zu Jenny Erpenbecks Roman »Aller Tage Abend« heißt es: »Auch wenn manches ´armselig geworden
          ist, manches ´falsch gemacht wurde, hat die Idee nichts von ihrer Bedeutung verloren«. (S. 269) Es war wohl, bei
          Lichte besehen, wie von Volker Braun umschrieben: Die Massen sind »von der straße der demokratie auf die pisten
          des konsums umgelenkt worden.« (S. 209) 
         Zu den Anliegen Bernhardts gehörte eine DDR-spezifische Prägung literarischer Betätigung - der Bitterfelder Weg, die
         damit im Zusammenhang stehende Bewegung Schreibender Arbeiter. An deren Entwicklung hat er entscheidend mitgewirkt.
         Das prädestiniert ihn für deren Verteidigung und auch für kritische Anmerkungen, wie »Vieles bleibt an der Oberfläche,
         ist zu allgemein oder zu schlicht.« (S. 371)  
         Das mag auf einzelne Werke zutreffen. Aber die Bewegung insgesamt trug Früchte, und sie besteht, anders ausgerichtet,
         weiter: »Viele der Beiträger sind heute in Gruppen, Zirkeln oder Schreibwerkstätten tätig bzw. leiten sie und setzen,
         bewusst oder unbewusst, die Bitterfelder Tradition fort, die durch Beiträger aus den alten Bundesländern, die sich
         angeschlossen haben, noch wirksamer erscheint.« (S. 370) 
         Der Literaturkritiker Bernhardt übt Kritik an manchen Bewertungen der DDR-Literatur aus heutiger Sicht und an der
         Positionierung verschiedener Autoren in Verzeichnissen über relevantes literarisches Schaffen. So in einer Abhandlung
         über ein Lexikon: »DDR-Literatur war für die Herausgeber Protestliteratur. Betont werden Krisen, nicht Kontinuitäten,
         Schwierigkeiten und nicht Lösungen, Verbote - nicht Geschaffenes, Kritiker - nicht Verteidiger.« (S. 382) 
         Und Bernhardt resümiert: »In der DDR galt die Literatur als ein Seismograph der gesellschaftlichen Entwicklung und
         wurde entsprechend ernst genommen.« (S. 404)  
         In leichter Abwandlung eines Satzes aus den Anlagen zum Buch sei bekundet: Noch heute sind wir von den Bücherwelten
         des Ostens tief beeindruckt.  (von Dr. Frieder Spitzner)
   
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        Margot Nürnberger aus Markneukirchen: Auch mit 90 Jahren noch viel Spaß am Schreiben   (Oktober 2020)
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        Der 90. Geburtstag von Margot Nürnberger fiel gerade in die heiße Frühjahrsphase der Coronapandemie.
          So konnten etliche Gratulanten die Glückwünsche nur mit Verspätung überbringen, ... 
          ... wie auch Markneukirchens Bürgermeister Andreas Rubner (parteilos). Das wäre freilich der Stoff für eine
             der Geschichten, wie sie Margot Nürnberger seit mehr als einem halben Jahrhundert mit besonderer Beobachtungsgabe
             zu Papier bringt.
               »Ich schreibe, was ich selbst erlebt habe«, sagt die gebürtige Gunzenerin, die seit 1952 in Markneukirchen
             zu Hause ist. Dass ihre Texte in Mundartbüchern wie »Dort wue dorch Land de Elster fließt« (Leipzig, 1980)
             oder »Vogelbeerzeit« (Chemnitz, 1994) erschienen, darauf ist sie bis heute stolz. - Über den »Kulturboten für
             den Musikwinkel« und die Zusammenarbeit mit dem Markneukirchner Hans Meyer (Meyer-Muck) kam sie Ende der
             1960er Jahre zur Mundartdichtung. Der Falkensteiner Friedrich Barthel war davon so angetan, dass er zwei
             Geschichte mit in die Anthologie aufnahm, die er vor 40 Jahren im Leipziger Hofmeister-Verlag herausbrachte.
             Da stand für den Markneukirchner Sprachraum Margot Nürnberger neben Hans Meyer und Johann Heinrich Gläsel
             (1798-1880) - sozusagen ein literarischer Ritterschlag. 
             Eigentlich hatte Margot Heber, wie sie vor ihrer Heirat mit dem Holzblasinstrumentenmacher Winfried Otto Nürnberger
             hieß, Lehrerin werden wollen. Mit der Ausbildung hatte sie noch 1944 in Markneukirchen begonnen. Nach dem Krieg
             arbeitete sie zunächst in Heimarbeit als Stickerin. Das Angebot einer Stelle als Neulehrerin schlug sie aus, und
             war dann als sogenannte mithelfende Ehefrau mit in der Werkstatt ihres Mannes tätig, bei der Fertigung von Bass-
             Klarinetten. Da war natürlich von Vorteil, dass sie das von zu Hause kannte: Vater und Großvater Heber haben in
             Gunzen Gitarren gebaut. Ihr Ehemann Winfried wiederum unterstützte nicht nur die literarischen Ambitionen seiner
             Frau, Fotos von ihm zierten wiederholt die Titelseite des »Kulturboten«. 
             An ihr Heimatdorf hat Margot Nürnberger viele Erinnerungen, für die sich inzwischen auch etliche Gunzener
             Einwohner interessieren. Sie kannte noch persönlich den Lehrer und Schriftsteller Emil Schuster (1859-1945),
             der oft aus Plauen in seinen Gunzener Garten kam. Margot Nürnberger schreibt bis heute noch gern Geschichten,
             die der »Neikirnger Heimatbote« veröffentlicht. Bei den Vogtländischen Mundarttagen war sie mehrfach dabei, und
             auch beim Programm, das der Heimatverein Markneukirchen 2012 zum 100. Geburtstag von Hans Meyer gestaltet hatte.
             
  Übrigens interessiert sie sich auch für das Wetter und hat einst über zwei Jahre hinweg beobachtet, wie
             mit Zucker im Kaffee eine Vorhersage möglich ist: Entweicht die Luft gleichmäßig, wird es schön. Wenn es nach
             alles Seiten sprudelt, kommt Regen. Funktioniert habe das aber, wie sie sagt, nur mit Zucker aus der DDR und
             aus Österreich ...   (von Thorald Meisel)
   
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        Wie weiter mit dem Fundus der Vogtland-Bücher?   (19.09.2020)
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        Die Vogtländische Literaturgesellschaft »Julius Mosen« hat einen einzigartigen Fundus verschiedenster
                       Literatur zusammengetragen. Der soll nicht einfach nur verstauben. 
          Marieney/Auerbach  
          In Auerbach und Reichenbach präsentierte die Vogtländische Literaturgesellschaft »Julius Mosen« im vergangenen Jahr
          zum Thema »30 Jahre Wende« dreißig Bücher mit Bezug zum Vogtland. In diesem Jahr sollte in der Göltzschtal-Galerie
          Auerbach eine Buchausstellung vogtländischer Autoren zum 75-jährigen Ende des Zweiten Weltkriegs stattfinden.  
          Die Coronakrise setzte dem Projekt unfreiwillig ein Stoppzeichen. Nun ist im Gespräch, dass die Ausstellung im
          Oktober in der Vogtland-Bibliothek in Plauen gezeigt werden soll.
  
          Jährlich sind es über 60 Bücher vogtländischer Autoren oder mit Bezug zum Vogtland, die auf den Lesemarkt kommen.
          Die Vogtländische Literaturgesellschaft erfasst seit der Neuorientierung des Vereins 2006 diese aktuelle Literatur
          und sammelt diese in ihrem Domizil im repräsentativ hergerichteten einstigen Rittergutsgebäude in Marieney.
          An die 800 Bände sind es inzwischen - ein deutschlandweit einzigartiger Bestand an Regionalliteratur.   
          Von diesem Fundus sollen alle Literaturfreunde profitieren können, sagte Vereinsvorsitzender Frieder Spitzner am
          veregangenen Donnerstag auf der Vorstandssitzung in Auerbach: »Es geht um die Pflege und Förderung der Regionalliteratur.
          Die Sammlung soll so aufbereitet werden, dass sie von Kultur- und Bildungseinrichtungen, Vereinen, Verlagen und
          Autoren in zweckgebundenem Umfang für Ausstellungs-, Vortrags-, Informations- und Forschungsvorhaben genutzt werden kann.« 
          Schon 2016 hatte es dazu Gespräche mit Vertretern aus Politik und Tourismus gegeben. Im Gespräch war damals, den Fundus
          in Marieney als eine Art Literaturhaus mit regelmäßiger Öffnung nutzen zu können - und damit die dritte Phase seiner
          Existenz zu starten. Im Blick hatte man dabei auch den typischen Vogtland-Urlauber, der laut einer damaligen
          Umfrage des Tourismusverbandes Vogtland in der Altersgruppe 50 plus und mit gehobenerem Einkommen zu finden ist.
          Damit gehören diese Urlauber zur Klientel, die auch die Vogtländische Literaturgesellschaft im Blick hat.    
          Gegründet 1998 als Gesellschaft, die sich um Leben und Werk des aus Marieney stammenden Dichters Julius Mosen (1803-1867)
          kümmerte, erfolgte ab 2006 auch die Öffnung zur aktuellen Literatur im Vogtland, unter anderem mit der über einen
          Zeitraum von zehn Jahren erfolgten Wahl von »Vogtlands Lieblingsbuch« und der von Frieder Spitzner moderierten Reihe
          »Autoren im Gespräch« in der Kapelle Neuensalz, für die damals die Kultur GmbH als Partner gewonnen werden konnte. 
          www.literaturgesellschaft-vogtland.de 
          (von Thorald Meisel)
   
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        Hinter den Kulissen der Deutschen Einheit   
       (September 2020)
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        Rechtzeitig zum 3. Oktober erscheint im Verlag Concepcion Seidel ein neues Buch. Prominente Autoren wirkten mit. 
       Auf die politische Wende vom Herbst 1989 in der DDR und den Weg zur der am 3. Oktober 1990 vollzogenen Deutsche Einheit
       gibt es inzwischen viele Sichtweisen. Mit »Deutsche Einheit - Hinter den Kulissen« liegt nun vom Verlag Concepcion Seidel
       ein Buch vor, in dem Zeitzeugen aus Kirchenkreisen und konservativen Parteien zu Wort kommen. Verleger Frieder Seidel
       konnte Mitherausgeber Helmut Matthies gewinnen, der von 1978 bis 2017 die Evangelische Nachrichtenagentur Idea
       leitete und die DDR als Reisekorrespondent erlebte. Wie gespalten die Meinungen zur Wiedervereinigung auch in der
       alten BRD waren, zeigen allein seine Erinnerungen zu den Deutschen Evangelischen Kirchentage.  
  
       Seidel und Matthies konnten für das Buch acht prominente Autoren gewinnen. Da ist Bernhard Vogel (CDU), von 1971 bis 1988
       Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und 1992 bis 2003 von Thüringen. Hennig Röhl war 1987 Erster Chefredakteur von
       ARD aktuell, 1991 dann Fernsehdirektor des Mitteldeutschen Rundfunks in Leipzig, 2002 schließlich Gründer von Bibel TV
       in Hamburg. Der Politikwissenschaftler Werner J. Patzelt, 1991 nach Dresden gekommen, wird heute noch oft zu
       gesellschaftlichen Ereignissen befragt. Monika Hohlmeier, bayerische Kulturministerin von 1998 bis 2005,
       analysiert die Politik von ihrem Vater Franz Josef Strauß als Bayerischen Ministerpräsidenten zur Deutschen Einheit.
       Vertreter aus der einstigen DDR in der Runde der Autoren ist Hans Geisler. Er war unter anderem 1969 bis 1976 Laborleiter
       in der Sportärztlichen Hauptberatungsstelle in Leipzig und danach Laborleiter im Diakonissenkrankenhaus in Dresden. Über
       das Neue Forum zur CDU gekommen, war er von November 1990 bis Mai 2002 Sächsischer Staatsminister für Soziales, Gesundheit
       und Familie sowie ab 1999 zusätzlich noch für Jugend. Geisler konzentriert sich aber in seinen Ausführungen vor allem auf
       die Nachwendezeit und erläutert unter anderem, welche Hintergründe es beispielsweise hat, dass Sachsen seit 1994 als
       einziges Bundesland den Buß- und Bettag als Feiertag besitzt.
  
       »Deutsche Einheit - Hinter den Kulissen« ist ein Buch, das auf seinen 170 Seiten dem Titel gerecht wird. Es bietet
       Einblick in eine Welt, die sich hinter den Schlagzeilen verbirgt. Und über die kann und sollte sich der Leser seine eigenen Gedanken machen.
  
       Information zum Buch »Deutsche Einheit - Hinter den Kulissen«: ISBN 978-3-86716-202-9. Preis: 16,95 Euro. 
       (Beitrag von Thorald Meisel)
   
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        »Kein falscher Zungenschlag«  Reise in den Musikwinkel 
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        2019 war Herbert Quelle, der frühere Generalkonsul in Chicago (USA) als Teilnehmer beim Klingenthaler
       Festival »Mundharmonika live«. In diesem Jahr fällt das Festival wegen der Coronapandemie aus,
       dafür erscheint aus seiner Feder ein neues Buch über die Mundharmonika, in der auch Klingenthal einen
       gebührenden Platz einnimmt. Es ist eine fiktive Reise des 70-jährigen aus Deutschland stammenden
       Collegeprofessors Walter und des 25-jährigen Afroamerikaners James, der von seinem Großvater eine
       große Sammlung Mundharmonikas geerbt hat. Schließlich wurden aus Deutschland rund 250 Millionen dieser
       Instrumente in die USA geliefert, die meisten aus Trossingen und Klingenthal.    
       Die Tour der beiden Fans der Mundharmonika führt von Frankfurt am Main über Stuttgart, Trossingen,
       Klingenthal und Weimar nach Berlin. Dabei geht es unterwegs nicht nur um die Musik, sondern auch um
       Geschichte und Gegenwart der deutsch-amerikanischen Beziehungen. Dazu kann Herbert Quelle aus seiner
       beruflichen Erfahrung als Diplomat natürlich Hintergrundwissen einbringen.     
       Für das Buch hat er zudem Akten der US-Konsularagentur in Markneukirchen ausgewertet, die von
       1893 bis 1916 bestand. 32 Bände voller Dokumente sind im US- Nationalarchiv College Park, Maryland
       aufbewahrt. Interessant ist auch, welche Strategie der Klingenthaler Konkurrent Hohner in Trossingen einst
       bei seinem USA-Geschäft verfolgte. Das bringt der Autor auf ebenso unterhaltsame wie informative Weise rüber,
       und liefert damit zudem noch aktuelle Bezüge zur Gegenwart. Klingenthal ist mit der Manufaktur Seydel,
       dem Harmonikamuseum Zwota und Ferienhotel Mühlleithen gut vertreten. Darüber freut sich der regionalen Leser zusätzlich.    
       Dass der Collegeprofessor Walter am Ende des Buches von einem Faustschlag zu Boden geht und schwer verletzt
       wird, hat auch mit dem Buchtitel zu tun: Ihm ist wichtig, dass es nicht nur in der Musik, sondern auch im
       Alltag keinen falschen Zungenschlag geben darf. (von Thorald Meisel)   
       Literaturempfehlung  Herbert Quelle: »Kein falscher Zungenschlag« (ISBN: 9798667035275, Verlag: BoD, Preis: 20 € - erhältlich
       ab 18. August; Paperback und e-book über Amazon)
   
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        Verlag plant für Frankfurt am Main  
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        Nach einjähriger Pause will Verleger Frieder Seidel aus Muldenhammer mit seinen Verlagen Concepcion Seidel
          und Jota Publikationen wieder auf der Buchmesse in Frankfurt am Main (14. bis 18. Oktober) vertreten sein.
          Das sagte er im Gespräch mit »Freie Presse«.  
          Das Angebot sei günstig, und an Büchern fehlt es ohnehin nicht.   
          Das kleine vogtländische Verlagshaus präsentiert sich derzeit mit seinen Büchern sehr international. Mit
           »Mitten im Reich der Mitte«  legt Albrecht Kaul ein Buch über China vor, wie man es so nicht kennt.
          Ebenfalls ein ungewöhnliches Buch, allerdings über Israel, hat Krista Gerloff geschrieben:
          »Schirel und die Kinder aus Jerusalem«.  
          Seit 1970 lebt auch Heinz Reusch in Israel, wo er seit Jahren als
          Tourguide tätig ist. In »Erez Israel - Land Israel« nimmt er die Leser mit an geschichtsträchtige Orte.
           Und Johannes Gerloff, Autor des Bestsellers »Denkanstöße aus Israel«, legt mit
          »Gepflanzt an Wasserbächen - Eine Auslegung der Psalmen 2 und 1« eine neue Arbeit vor.     
          Aufmerksamkeit erregte der Verlag aus Muldenhammer jüngst mit »Mauerfall, Deutsche Einheit - Gott sei Dank«.
          Für das Buchprojekt hatte Seidel 33 Prominente aus Ost und West gewinnen können, ihre Erinnerungen an den
          Wendeherbst 1989 zu Papier zu bringen. Ein Nachfolger ist bereits in Planung.   
          Über 500 Bücher hat Frieder Seidel der Verlagsgründung verlegt und sich dabei auch einen Namen mit regionaler
          Literatur und vogtländischer Mundart gemacht. Ein Erfolgstitel ist »Sue Ploch« von Sieglinde Röhn aus Zobes.
          Von dem Buch mit Geschichten aus dem Dorfleben der 1940er Jahre wurden weit mehr als 2000 Exemplare verkauft.
          Über 1000-mal verkaufte sich das Mundartbüchlein »Is neie Handy« von Martina Dressel aus Grünbach, von der
          auch »Hunnert Tipps for alte Leit« ein regionaler Bestseller stammt.    
          Erfreulich viele Leser fand das 2018 erschienene Buch zur Geschichte der Klingenthaler Aschbergschanze.
          Gefragt ist auch eine CD vom Theaterdorf Zwota mit vogtländischen Sagen. 
          (von Thorald Meisel)
   
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        Erinnerung an die Autorin Marga Koch (1920-2011) 
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        Am 13. Juni 2020 wäre Marga Koch 100 Jahre alt geworden.  Über 70 war sie schon,
          als sie  ihr Buch »Einmal Hof und zurück - Mein Tagebuch zur Wende« (Plauen, 1993) vorlegte.
          Die Veröffentlichung leitete ein neues Kapitel ihrer turbulenten Lebensgeschichte ein,
          denn das Werk fand Anerkennung und Widerhall in den Medien, obwohl sie sich zweifelnd,
          fast schwermütig zu den neuen, zeitgemäßen Lebensauffassungen äußerte.  
          »Ich sitze nun auch an der Tafel des Lebens, / bin BUNDI / was will ich noch mehr? /
          Schlag mir den Bauch voll Bananen und Joghurt - / fühle mich trotzdem / irgendwie leer.« 
          Ihre Hoffnungen auf eine »"große Menschenfamilie gemeinsam, lachend, gesättigt am Tisch« wurden enttäuscht,
          sind nur noch Hirngespinste, schrieb sie. Aber die Publikationsmöglichkeiten der »Neuzeit« nutzte sie
          mit Hingabe. Acht Bücher von ihr befinden sich im Fundus der »Vogtländischen Büchersammlung Julius Mosen«.
          Anerkennend sei vermerkt, dass Marga Koch Schreibwillige um sich scharte und mit Ermutigungen und Anregungen
          für publizistische Tätigkeiten nicht geizte. Auch ihre öffentlichen Auftritte trugen dazu bei,
          das Interesse für Literarisches aus der Region zu erhöhen.  
          Gern erinnern wir an ihren Anteil an der Prägung der Vogtlandliteratur.
          Dr. Frieder Spitzner  
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        Eine weitere zeitgeschichtliche Publikation von Prof. Siegfried Schönherr 
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        Für dieses Jahr angekündigt, aber früher als gedacht, schon im Juni, legte Siegfried Schönherr
          den Band III seiner »Notizen über meine Zeit und mein Leben« vor, 371 Seiten, herausgegeben im Eigenverlag,
          Dresden, 2020. Das Werk beinhaltet den schulischen und militärischen Lebensweg des Autors vom Beginn der
          gymnasialen Bildung in Oelsnitz /V. 1948 bis zum Politoffizier mit Lehrerdiplom, erworben an der Offiziersschule
          der NVA in Berlin-Treptow im Jahr 1961 und verbunden mit nachfolgendem Lehrauftrag an der Militärakademie
          Friedrich Engels in Dresden.  
          Der Reifeprozess des Jungen aus dem vogtländischen Dorf Sohl vollzieht sich unter den Bedingungen des Aufbaus eines neuen
          Gesellschaftsmodells  nach dem desaströsen Ende des Zweiten Weltkrieges. Entbehrungen und Mangel waren tägliche Wegbegleiter.
          So musste der Vierzehnjährige bei der Anmeldung im Internat der Oberschule in Oelsnitz (heute Julius-Mosen-Gymnasium)
          einen mit Stroh gefüllten Schlafsack und ein Essbesteck vorweisen. An der Verbesserung der Lebensumstände  mitzuwirken,
          war ihm angelegen und trug zu der Entscheidung bei, als Abiturient Kandidat der SED zu werden und sich für einen
          beruflichen Werdegang im polizeilich-militärischen Bereich zu entschließen.  
          »Ich fühlte mich nun einer großen Gruppe von Menschen zugehörig, die überall in der Welt für eine sozial gerechte
          Gesellschaftsordnung und einen dauerhaften Frieden einsteht.« (S. 165) 
          Der Autor erläutert hehre Ziele und blendet die herbe Realität nicht aus. Im privaten Reifeprozess gibt es wie in der
          staatlichen Entwicklung Fortschritte, Erfolge, Zuversicht, aber auch Versäumnisse, Versagen, Fehlschläge.
          Das löst zwar Zweifel am persönlichen wie am gesellschaftspolitischen Weg aus, führt aber nicht zur Verzweiflung.
          »Unsere Siegeszuversicht an einen deutschen sozialistischen Staat in gar nicht so weiter Ferne mit einer dann
          prosperierenden Volkswirtschaft war ungebrochen.« (S. 269)  
          »So sahen wir den Herbsttagen des Jahres 1961 gelassen entgegen, auch wenn sich die weltpolitische Lage nach den
          Ereignissen um den 13. August grundlegend verändert hatte, ...« (S. 286)   
          Die »Notizen« des Autors sind faktengestützt, aber subjektiv aufgearbeitet, weshalb ihnen der Leser nicht
          allenthalben beipflichten muss. Schönherr informiert aus jugendlichem  Blickwinkel darüber, was ihm angetragen
          wird oder was ihm widerfährt und was er empfindet während seiner berufsbildenden Aufenthalte in Oelsnitz, Gera,
          Frankenberg, Altwarp (Ückermünde), Berlin, Pirna, Plauen und nochmals Berlin. Vielfach ergänzt er die Erinnerungen
          an Ereignisse der Jugendjahre mit seinen heutigen Bewertungen, geläutert durch Zugewinn an Lebenserfahrungen in den
          letzten sechs Jahrzehnten und an Erkenntnissen, insbesondere aus der Nachwendezeit.   
          Als Ruheständler hegt er keine Karrieregedanken, als Eigenverleger muss er keine Verlagsvorgaben berücksichtigen
          und auch Bevormundung anderer Art nicht ertragen. Insofern schreibt er seine Erinnerungen ungeschönt und ehrlich
          nieder. Mit den ausführlichen Darlegungen über seine Reifejahre, verknüpft mit konkreten und detaillierten Angaben
          über Zeitereignisse und angereichert mit heimatgeschichtlichen  Rechercheergebnissen, offeriert der ehemalige
          Militärökonom mit Professorentitel eine lesenswerte Publikation dokumentarischen Charakters. Die in Arbeit befindliche
          Fortsetzung, der Band IV, wird die Jahre bis zur Wende 1989 beinhalten.  Dr. Frieder Spitzner, 1.7.2020  
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        Thomas Weigel:   »Ausgangssperre - Bausoldaten im Koloss von Prora«   
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        Es war 1988, als in der DDR der DEFA-Film »Einer trage des anderen Last« in die Kinos kam. 1,2 Millionen Zuschauer
          sahen den im damaligen Westberlin preisgekrönten Streifen, in dessen Mittelpunkt ein junger Christ und ein Kommunist
          standen. Thomas Weigel baute den Film in sein Buch »Ausgangssperre-  Bausoldaten im Koloss von Prora«
          (Verlag Concepcion Seidel) ein. 
          Der Autor war einer von rund 15.000 jungen Männern, die zwischen 1964 und 1989 in der DDR als Bausoldaten einen
          Dienst ohne Waffe leisteten - in Prora auf Rügen. Weigel, der im Erzgebirge aufwuchs und heute in der Nähe von Kassel
          lebt, ist ein genauer Beobachter und begnadeter Erzähler. Er lässt mit dem Abstand von mehr als drei Jahrzehnten
          die 18 Monate Dienstzeit vom Herbst 1986 bis Frühjahr 1988 auf Rügen lebendig werden. 
          Auch wenn der Roman verfremdet, verdichtet, zuspitzt, Reales mit frei Erfundenem verknüpft - er zeigt mit dem
          Thema der Bausoldaten ein Stück DDR-Geschichte, das bislang kaum im Blickpunkt der Öffentlichkeit stand.
          Und da Weigel auch bei der Darstellung der Akteure auf Klischees verzichtet, ist man bei der Lektüre schnell
          gefesselt. Dabei stellt sich dann irgendwann die Frage, warum heute eigentlich niemand mehr über »Schwerter
          zu Pflugscharen« spricht, und Deutschland längst zu den führenden Rüstungsexporteuren gehört.
           Verleger Frieder Seidel aus Hammerbrücke war übrigens selbst Bausoldat.  (von Thorald Meisel) 
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        Maren Schwarz: »Inselsumpf« 
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        Auch die vogtländische Krimi-Autorin Maren Schwarz entführt ihre Leser auf die Insel Rügen: »Inselsumpf« (Gmeiner-Verlag).  
       Im neuen Fall stößt Rechtsmedizinerin Leona Pirell auf eine junge Frau ohne jegliche Erinnerungen, die scheinbar ein
       Kind zur Welt brachte, von dem jede Spur fehlt. Dass Pirell dabei einem Ring von Kinderhändlern auf die Spur kommt,
       liest sich ebenso spannend wie bedrückend. Dessen führende Köpfe kennen im wahrsten Sinne des Wortes keine Grenzen,
       und haben enge Beziehungen bis in höchste Kreise von Politik und Justiz. Die junge Frau findet zwar ihr Baby und
       auch ihren georgischen Ehemann wieder, aber die Freude könnte nur von kurzer Dauer sein ... 
       (von Thorald Meisel)  
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        06.05.2020 »Zwei Tote am letzten Kriegstag in Marieney« 
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        Christa Woide, geb. Hilzenbecher, schildert in einem mehrseitigen Schreiben an die Vogtländische
          Literaturgesellschaft Julius Mosen, was sich am 6. Mai 1945 in ihrem damaligen Wohnort Marieney zugetragen hat.
          Amerikanische Panzer rückten ins Dorf ein. Als die Waffen schon schwiegen und es schien, die Kriegshandlungen
          seien beendet, verloren zwei Marieneyer ihr Leben. Ein kleiner Junge, der, verängstigt, ein vermeintlich
          sicheres Versteck gefunden hatte, wurde beim Wendemanöver eines Panzers durch einen umfallenden Torpfosten
          tödlich verletzt. Und auf den Postmeister des Ortes, der sich, der Waffenruhe sicher, einen Eimer Wasser
          holen wollte, wurde noch ein einzelner, unerklärlicher, aber tödlicher Schuss abgefeuert. 
         Die schon lange bei Frohburg (Sachsen) lebende Christa Woide vergisst die Marieneyer Ereignisse an diesem Tag nicht.
         Es war ihr 15. Geburtstag. 75 Jahre später, kurz vor ihrem 90. Geburtstag, schrieb sie: »Kriege werden von
         Menschen gemacht und können nur von Menschen verhindert werden!«    
         Wir danken der Zeitzeugin für ihren Erlebnisbericht, gratulieren der Jubilarin herzlich zu Ihrem Ehrentag und
         wünschen ihr und ihren Angehörigen alles Gute, viele friedvolle Jahre.  Dr. Frieder Spitzner  
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        Siegfried Schönherr:  »Notizen über meine Zeit und mein Leben -  Vogtländischer Arbeiterjunge  Militärökonom  Heimatkundler«
       (Band I 2019, Band II 2020, Eigenverlag Dresden) 
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        Was Prof. Dr. Schönherr (Jahrgang 1934) in den Buchtiteln seiner Bände I und II »Notizen« nennt, sind keineswegs
       stichwortartige Niederschriften über Ereignisse, die ihm durch Zufall im Gedächtnis haften geblieben sind.
       Sondern beide Werke, je über 260 Seiten, zeichnen sich aus durch eine akribisch erarbeitete Dreierkombination,
       bestehend aus Autobiografie, Regionalchronik und Landesgeschichte. Das verdeutlichen die am Ende der Bücher
       eingefügten »Zeittafeln« mit der Untergliederung in mehrseitige »Überregionale Ereignisse« und
       »Regionale Ereignisse« sowie in zahlenmäßig geringer ausfallende »Familienereignisse«.  
       Die ausführlichen und sachlichen Darlegungen über familiäres Geschehen sowie über gesellschaftspolitische
       und Kriegswirren im Oberen Vogtland wurden fotodokumentarisch ergänzt.  
  
       Der Band I gewährt Einblicke in Schönherrs Vorschuljahre von 1934 bis 1938/39. Fotos aus dieser Zeit mit Motiven
       vom Geburtsort Bad Elster und vom familiären Ambiente illustrieren Lebensumstände der 1930er Jahre.
       Der Autor übertitelt die Erinnerungen an seine erste Lebensphase mit dem Satz: »Auch in schweren Zeiten
       kann man eine behütete Kindheit verleben.« (Bd. I, S. 5)   
       Der Band II umfasst die Folgejahre bis 1948. Siegfrieds Schülerzeit, Beginn 1940, fällt in die Periode der
       »finsteren Kriegs- und Nachkriegsjahre«. Fotos von Uniformierten, Lebensmittelkarten und anderen Dokumenten
       veranschaulichen Zeitgeist, Leid und Armut.  In Siegfrieds Schulabschlusszeugnis (Kopie S. 190), ausgestellt
       am 25.7.1948 in Mühlhausen-Sohl, stehen »Deutsch mündlich« und »Deutsch schriftlich« mit je einer »1« obenan,
       gefolgt von weiteren sehr guten und guten Noten, mit einer Ausnahme, leider einer »4«, in »Musik«.
  
       Der Autor kündigt noch für dieses Jahr den Band III an, der die Jahre bis 1961 erhellt.  
       Band IV, der des Autors weiteren Lebensweg sowie Lebensbedingungen in der DDR bis zum Wendejahr beleuchtet,
       soll 2021 erscheinen. Eine Fortsetzung ist nicht ausgeschlossen, denn »Man hat über Jahrzehnte Erfahrungen
       in Situationen gesammelt, die es so nie wieder geben wird und die für manche von Nutzen sein könnten ...
       Auch wenn das Erlebte und Erkannte nur eine begrenzte Aussage haben mag, ... wäre es schade, wenn es in
       Vergessenheit geraten würde.« (Bd. I, S. 11)    
       Vergesslichkeit kann verheerende Folgen haben:
       »Wer den letzten Krieg vergisst, hilft schon, den nächsten vorzubereiten.« (Bd. II, S. 5) Dr. Frieder Spitzner  
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        Jörg M. Pönnighaus:  »In den Pappeln raschelt der Wind« (Lyrik) ATHENA-Verlag, Oberhausen 2020
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        »Schreiben ist eine wunderbare Möglichkeit, sich anderen zu öffnen.«  
          Dieser Satz hinterließ Eindruck bei der Eröffnung eines Literaturfestivals in Bremen.
          Einschränkend sei angemerkt: Die Einblicke in das eigene Ich, die ein Schreiber gewährt, sind
          unterschiedlich tief. Was der Arzt und Autor Jörg M. Pönnighaus in seinem neuen Lyrikband offenlegt,
          sind, wie bei Lyrikern durchaus beliebt, Gedankensplitter. Sie pulsieren zwischen Realität,
          Illusion und Vision. Der Titel des Werkes ist dem Gedicht »Alt«" (S. 88) entnommen, in dem es heißt:
          » ... es wird Zeit, meine Spuren zu verwischen, / Zeit zu gehen, unauffällig, unbemerkt. / Es wird
          Zeit für mich zu verschwinden, klang- und klaglos. / In den Pappeln raschelt das Licht, in den Pappeln
          flimmert der Wind. / Aber manchmal, wenn du mich streichelst, vergehen mir - immer noch -  Hören
          und Sehen.«  Für diese Ankündigung eines spurlosen Rückzugs, gar Verschwindens, findet der Leser
          keinen Anlass, zumal des Dichters wohlige Gefühle einem mutmaßlich nachhallenden Verdruss immer noch
          Paroli bieten. Außerdem lassen sich Spuren nicht einfach verwischen, ohne wiederum, sichtbar oder
          im übertragenen Sinne, Abdrücke zu hinterlassen. Und des Dichters Weg ist länger als im Folgenden
          beschrieben: »Unser Stück Weg beginnt immer dort, wo wir den ersten Schritt gehen / und endet, wo wir
          den Weg wieder verlassen.« (S. 16) 
          Des Dichters Wegweiser verdient Beachtung: »Nichts wiederholt sich, / Fasst du das Glück nicht beim Schopf,
          ist es vorüber geeilt /  für immer.« (S. 58)  Des Dichters Lebensphilosophie fördert Einsicht und Weitblick:
          »Wer fragt, lebt; / Wer auf alle Fragen eine Antwort weiß, ist tot. / Mensch sein heißt Fragen stellen,
          / vor allem sich selbst.« (S. 64) Fragen beflügeln, solange des Lebens Pendel schwingt.  Und dann?  
          »Nein, auch im Jenseits wird es keine Antworten geben, / wir werden nur aufhören Fragen zu stellen.« (S. 89)
          Dieser eigenwilligen Textauswahl und -auslegung sei ein Zitat aus dem Klappentext beigefügt:  
          »Pönnighaus` Texte sind ein Plädoyer dafür, auch angesichts von Schicksalsschlägen und der Konfrontation
          mit der eigenen Vergänglichkeit nicht zu verzweifeln, sondern die Schönheiten des Lebens zu sehen und auch
          kleine Momente zu genießen.«  (von Dr. Frieder Spitzner)  
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    »Sagenhaftes Vogtland - Wenn der Opa erzählt« von Ekkehard Glaß (Autor)
                       und Andrea Glaß (Illustrationen); erschienen 2020 (Auerbach/V.; Eigenverlag Ekkehard Glaß)
                       
        
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        Enkelkinder können nerven. Opa kommt nicht umhin, nach anhaltendem Bitten seine Sonntagsmittagsruhe
          zu beenden und zu erzählen, warum das Vogtland so heißt. Und der Opa erzählt eine weitere Geschichte.
          Eine? Nein, später, nach der Sage vom Roten Wisch (Rodewisch), ein weiteres Dutzend.  
          Oma weiß, dass er gern erzählt, sogar dann, wenn die Enkel lieber was anderes tun wollen als zuzuhören.
          Manchmal haben sie sich in den Haaren, die Sophie, die schon zur Schule geht, und ihr Bruder Willi,
          der noch im Kindergartenalter ist und von Opa erfährt, dass man seine große Schwester nicht »alte Zicke«
          nennen darf.  Immer wenn die Großeltern und die Enkel zusammen sind, zu Hause oder bei Ausflügen
          und Wanderungen im Vogtland, gibt es Gelegenheiten, über vogtländische Sagengestalten zu plaudern.
          Solche kennt man allerorten von Klingenthal über Schöneck, Oelsnitz, Plauen bis Falkenstein, Auerbach,
          Reichenbach und anderswo. Nicht alles ist lustig, was Gestalten wie der spukende Köhler, die kopflosen
          Reiter oder die Winselmutter einst getrieben haben. Manchmal fürchtet sich Willi ein bisschen,
          spielt aber den Großen, der gern ein Held wie der Drachentöter wäre, oder er möchte der Moosmann sein,
          der gute Taten mit Gold belohnt. Wenn Willi beim Erzählen irgendwas nicht gleich versteht, fragt er
          einfach drauflos. Sophie, die sich schlauer wähnt, regt sich darüber auf. Den Opa aber freut`s,
          dass der Kleine viel wissen will. Und so erfahren seine Zuhörer ganz nebenbei, wer August der Starke war,
          warum ein Bettelmönch so genannt wird, dass das Vogtland von einer Felsformation durchzogen wird,
          einst reich an Bodenschätzen war, und sie staunen, was es in der Heimat noch so alles gibt.
          Wenn Familien das Vogtland durchstreifen und erkunden möchten, so finden sie am Ende des Buches auf vier Seiten
          zahlreiche Ausflugstipps. Wer sich hineindenkt, wie die Buchtypen aussehen könnten, also der freundliche Opa und
          seine zwei Enkel oder die guten Geister und die bösen Gespenster, der findet Anhaltspunkte in den farbenfrohen
          und fantasievollen Buchillustrationen. (von Dr. Frieder Spitzner)  
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    Mundartautorin Irene Kasselmann verstorben  (1936 - 2020)  | 
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        »`s Leben hoot enn Sinn.«  
          Dieser von Irene Kasselmann gewählte Buchtitel (Eigenverlag, Auerbach 2005) gleicht einem Vermächtnis,
          das des Menschen Selbstwertgefühl stärkt. Als sie für dieses Buch schreibt, ist sie fast 70, reich an
          Lebenserfahrung, vom Leben nicht verwöhnt, eher gebeutelt, aber freundlich und lebensbejahend wie eh und je. 
          In ihren Veröffentlichungen und bei zahlreichen Mundartauftritten in vogtländischer Tracht (»Buckelhaub« und
          »Bänderschörz«, verziert mit »Klepplspitz«) strahlt sie Lebensfreude aus. Die vogtländische Mundart
          betrachtet sie als ihre Muttersprache, der sie sich verpflichtet fühlt, für deren Pflege sie bis in
          die letzten Lebensjahre Kraft sammelt und aufwendet.  
          In ihrem letzten Buch »Urlaab af`m Bauernhuef« (Eigenverlag Auerbach, Druck Schönheide, 2014)
          erinnert die Autorin gleichaltrige Leser an die Kinderzeit - und die Nachkommen an Lebensbedingungen
          der Eltern und Großeltern. Indem Irene Kasselmann die dörfliche Umgangssprache ihrer Kinderjahre
          verwendet, wird sie einem ihrer Anliegen gerecht: durch Mundartpflege in unserer schier grenzenlosen
          Welt das hegenswerte Pflänzchen Heimatverbundenheit zu fördern.  
          Und sie bekennt: »De Schreiberei is mei Leben!« (S. 90).  
          Und sie mutmaßt: »Aber mir blabbt nimmer viel Zeit, üm dös, wos iech nuch alles virho, ze drleding.
          Schod is dös! Arg schod!»  (S. 89)  
          Was sie erledigt hat - ihr geistiges Erbe - sollte uns Anregung und Ansporn sein.
           Danke Irene
           (von Dr. Frieder Spitzner)  
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    Jörg M. Pönnighaus: »Schattensaiten«  
              (Kleine Geschichten von Leben und Tod im Land der Vögte)
                     
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        Dr. med. Jörg M. Pönnighaus konfrontiert in seinem jüngsten Werk (Verlag concepcion Seidel,
          Hammerbrücke 2019) die Leser mit Lebenserinnerungen,die ihm während der Ausübung seines
          (haut-)chirurgischen Berufes anvertraut wurden. 
          Der literarisch tätige Arzt kommuniziert mit Patienten, lenkt sie vom Behandlungs- und
           Operationsprozedere ab, indem er sie  über ihren Lebensweg befragt. Notizen über die
           Äußerungen von mehr als 40 gesprächswilligen, meist betagten, mehr oder minder lebensgefährlich
          erkrankten Patienten sind Ansatzpunkt für die Publikation. Die Gesprächspartner des Arztes gaben
          Auskunft über vom Zweiten Weltkrieg beeinflusstes Erwachsenwerden, über Berufliches, über glückliche,
          zerrüttete oder vom Tod geschiedene Ehen, über Glaubenszugehörigkeit und Gottgläubigkeit.  
          Trotz traumatischer Erlebnisse, schwieriger Lebensbedingungen und harter Schicksalsschläge zeugen
          Rückblicke vielfach von Zufriedenheit mit des Lebens Lauf: »Ich habe halt Glück gehabt im Leben.
          Irgendwie hat mich der Wind wie ein Blatt immer in die richtige Richtung geweht.«(S. 95)  
          Die Patientenäußerungen werden vom Arzt hingenommen, manchmal auch mit zurückhaltend wertenden
          Anmerkungen für den Leser versehen. Patientenfragen beantwortet der Mediziner kurz, teilweise
          ausweichend, mitunter gegenfragend, um von Unangenehmem abzulenken. Vertiefende Fragen stellt er,
          wenn ihn eine Angelegenheit bewegt oder wenn Denk- und Verhaltensweisen Verwunderung oder Erstaunen
          auslösen bzw. unglaubhaft sind. Beurteilungen unterlässt der Autor, auch Verhaltensanleitungen vermeidet er.
           Vor allem die Verweise auf Kriegstote und auf vernichtetes Hab und Gut - viele Vogtländer,
          wie im Buch nachzulesen, hatten unter Kriegsverlusten zu leiden - sollten 75 Jahre nach Beendigung des
          Zweiten Weltkrieges zu denken geben. Wir haben uns inzwischen an ein Leben in Frieden gewöhnt,
          übergehen leichtfertig Anzeichen gefahrtragender Entwicklungen. Nachsinnend warnt ein einst
          Betroffener: »Aber auch, wenn man nie verwundet wurde, wie ich, war man doch nicht mehr derselbe
          nach sieben Jahren Krieg, nach drei Jahren in Russland; die Jahre haben jeden geprägt.« (S. 216)  
          Der Autor verbreitet Informationen.   Sie zu verwerten, das obliegt den Lesern.
           (von Dr. Frieder Spitzner)  
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    Volker Müller:  »Quartett für die Ewigkeit«   (November 2019)
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        Volker Müller (Vogtländischer Literaturpreis 2018) nennt sein neuestes Buch mit Essays, Aufsätzen
       und Betrachtungen »Quartett für die Ewigkeit« (Engelsdorfer Verlag Leipzig). Er erinnert an viele bekannte Persönlichkeiten
       (überwiegend aus dem kulturellen Bereich) mit Faktischem, aber auch mit Hintergründigem und mit
       Anmerkungen, die man in Lexika oder Lehrbüchern vergeblich sucht, wie gelegentliche Kontakte der
       Protagonisten zur Vogtlandregion. Der Autor äußert sich mit dem ihm eigenen Takt, sprachlich
       ausgewogen, gern augenzwinkernd, wenn vorteilhaft auch wortreich-sachlich, über Vorfälle und
       Verhaltensweisen. Und er bindet Persönliches ein, wie seinen Werdegang unter Bedingungen der DDR,
       der Wende, der Verhältnisse in den 90er Jahren, wobei Resümees zwiespältig ausfallen.
       Die letzten Kapitel zeugen von Müllers Leidenschaft für Naturbeobachtungen und von seinem
       außergewöhnlichen Wissen über die heimische Vogelwelt. Von den Auserwählten, denen der Autor auf 260
       Seiten besondere Aufmerksamkeit schenkt, seien ungeordnet genannt:  Richard von Weizsäcker,
       Johann Sebastian Bach, Jürgen Fuchs, Christa Wolf, Aleksander Puschkin, Theodor Fontane, Guiseppe Verdi,
       Robert Schumann, Kurt Tucholsky, Johann Wolfgang von Goethe, Carl Maria von Weber, Leo Tolstoi,
       Anton Tschechow, Wolfgang Amadeus Mozart, Friederike Caroline Neuber, Christoph Wolfgang Hilf,
       Heinrich Dathe, Ulf Merbold, Manfred (Ibrahim) Böhme, Günter Ullmann, Wolfgang Mattheuer, Otto Paetz,
       Hansgeorg Stengel, Hans Joachim Schädlich, Sigmund Jähn, Julius Mosen, Winfried Eichler (ehem. Landrat, Auerbach),
       Reiner Kunze. Mit Reflexionen aus Fontanes Gedankengut werden die Hauptkapitel eingeleitet - zu Bedenkendes,
       Fragwürdiges wie »Und sollt` ich noch einmal die Tage beginnen, / Ich würde denselben Faden spinnen.«
        (von Dr. Frieder Spitzner)  
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    Trauer um Dr. Sigmund Jähn  
                                      (geboren am 13.02.1937 in Morgenröthe-Rautenkranz 
                                      verstorben am 21. September 2019 in Strausberg) | 
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        Der Mensch fühlt sich wohl auf der Erde, schätzt sich vielleicht sogar glücklich,
          auf diesem Himmelskörper leben zu dürfen. Dennoch treiben ihn Sehnsucht, Neugierde
          und nicht völlig unbegründete Zukunftsängste in überirdische Sphären.  
          Das war im Jahr 2010 eine der Aussagen unseres Gastes Sigmund Jähn bei »Vogtland-Autoren
          im Gespräch« in der Kapelle Neuensalz.  
          2018 widmeten wir eine Veranstaltung in der »Schulsternwarte und Planetarium Sigmund Jähn«
          in Rodewisch dem 40. Jahrestag des Fluges des ersten Deutschen ins All.
          Mit faszinierenden Bildern der modernen Planetariumstechnik sowie Texten aus der Biografie »Sigmund Jähn -
           Rückblick ins All« und aus Julius Mosens Versepos »Ritter Wahn« wurde die Wirklichkeit
           mit dichterischer Fantasie verglichen. Und das Erstaunliche:
           Des Dichters Beschreibung des Fluges vom Himmel zur Erde hoch zu Ross und die Schilderung
           der Rückkehr zur Erde in einer Raumkapsel über 150 Jahre später weisen verblüffende
           Ähnlichkeiten auf. Vor allem der Anblick der Sternenwelt und das Antlitz der sich nähernden Erde
           ähneln sich in der Wiedergabe von Eindrücken und Emotionen.  
           Die Publikation von Horst Hoffmann: »Sigmund Jähn - Rückblick ins All«  (Die Biografie des ersten
           deutschen Kosmonauten Sigmund Jähn, erschienen im Verlag Das Neue Leben Berlin 2009,
           belegte bei unserer Vereinsaktion »Vogtlands Lieblingsbuch 2009« den 2. Platz. 
           Sigmund Jähn, der Sympathieträger aus dem Vogtland, hat seine Mission erfüllt.
           Seinen Appell sollten wir nicht vergessen: »Bereits vor meinem Flug wusste ich,
           dass unser Planet klein und verwundbar ist. Doch erst als ich ihn in seiner unsagbaren
           Schönheit und Zartheit aus dem Weltraum sah, wurde mir klar, dass der Menschheit
           wichtigste Aufgabe ist, ihn für zukünftige Generationen zu hüten und zu bewahren.« (Biografie, 2009, S. 136)
          geschrieben am 23.9.2019 von Dr. Frieder Spitzner, Vorsitzender der Vogtländischen Literaturgesellschaft Julius Mosen e.V.  
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